du
du setzt dich an den tisch
um mit dem märz zu sprechen
schmerzende wirbel beugen
dich über dein getränk
du redest wirres glas
du leerst dein zeug auf einmal
kommt ein kind an deinen platz
und fragt dich nach dem meer
du reichst dem kind das salz
stimmen flüstern dir applaus
dein vortrag über möwen
fällt heute trocken aus
das ölbild im rahmen
zitiert aus deinen versen
es spannt dir einen frühling
und rinnt dir übers kinn
in deinem innenkopf
kämpft wasserfall mit wüste
und jede flüsterstimme
bewohnt ein separeè
was dich gebrochen hat
wird niemand je erfahren
so schlagen deine brücken
dich immerzu nur selbst
- Finale des Goldstaub Lyrikwettbewerbs 2017
Das Familienbild
Ein Rahmen.
Vater umarmt Mutter. Mutter umarmt Vater.
Vater und Mutter umarmen Kinder.
Kinder umarmen einander.
Ein fehlendes Kind.
Es ist „wieder einmal“ aus dem Rahmen gefallen.
Das rahmenlose Kind umarmt die Ecke.
Eine fehlende Großmutter.
Sie umarmt das Eckenkind.
Sie ist die Einzige, die das Kind rahmenbedingungslos liebt.
- veröffentlicht in der Anthologie zum Forum Land Literaturpreis 2016
neben dem brunnen vor der hütte
hier stand eine milchkanne
aus schwerem eisen
mit schwarzer patina
und einem henkel der sang
wenn man ihn hob
hier lebten einst zwei würmer
im dunklen boden
verschlungen ineinander
die erschraken
wenn man die kanne verschob
hier lebte einst ein bauer
in einer hütte aus holz
der zu den kühen sprach und
ihnen sanft die muttermilch entlockte
hier trug der bauer die kanne
ins feuchte gras
und zog das weiße aus den eutern,
es flockte
es ist nicht überliefert
wer zuerst das melken aufgab
die kühe, die kanne oder der bauer
gewiss ist nur, die milch,
die blieb für immer sauer
hier stand eine milchkanne
aus schwerem eisen
mit schwarzer patina
und einem henkel der sang
wenn man ihn hob
hier lebten einst zwei würmer
unter dem kannenboden
die erschraken
wenn man die kanne verschob
- erscheint in der Anthologie "Junge Literaturtalente 2018", Cognac & Biskotten
feldweg
nie wieder haben zigaretten so gut geschmeckt
wie jene ersten (es waren maverick) auf dem kiesweg
zwischen feldern und innfluß
wo unser leben dahinfloss und sich anfühlte
als könnten wir alles erreichen,
denn wir waren noch an nichts schuld
und wenn, dann gingen wir beichten.
dort in den feldern, wo ein brennender lungenzug
das beste am atmen war und klebriger liebeskummer
unser einziger schmerz (den anderen spürten wir erst später)
dort galten wir der welt als gut genug
und weiter: wir waren nicht opfer, wir waren nicht täter.
wir waren einfach und wir waren da
und wir stellten nichts in frage.
ja man konnte uns das rauchen vorwerfen
zwischen feldern und flüssen
nicht aber unsere jugend, unser küssen
und diese unbeschwerten tage.